Frher war alles furchtbar! - Wolfgang Paul und Erwin 11FREUNDE

Dortmund. Einen Tag nach dem mühsamen Pokalerfolg des BVB gegen Union Berlin im Elfmeterschießen ist noch kaum etwas vom bevorstehenden 171. Revierderby gegen Schalke 04 am Samstagabend zu spüren. Nur ein einzelner Schalke-Fan im königsblauen Trikot steht unbehelligt vor der Bahnhofshalle, wie ein Zeuge Jehovas am Wachturm-Stand. Im Ruhrgebiet ist Fußball Religionsersatz – und die Andersgläubigen sind überall. Das zeigt sich auch einen Abstoß weit entfernt auf der anderen Straßenseite, wo im Deutschen Fußballmuseum an diesem Abend die Neuauflage des Buches „Im Land der tausend Derbys. Die Fußballgeschichte des Ruhrgebiets“ vorgestellt wird. Mit Wolfgang Paul – in den sechziger Jahren Mannschaftskapitän des BVB und heutiger Vorsitzender des Ältestenrates – und dem früheren Schalker Außenstürmer Erwin Kremers sind auch zwei ehemalige Spieler dabei, die sich auf der Bühne einige verbale Scharmützel liefern und dies auch hinterher im Interview fortsetzen.
Wolfgang Paul, Erwin Kremers, zusammen bringen Sie es auf mehr als 400 Spiele für Dortmund und Schalke. Hätten Sie sich vorstellen können, auch beim jeweiligen Erzrivalen zu spielen?
Paul: Ich bin ein Dorfkind aus dem Sauerland. Als ich klein war hieß es immer nur, „Schalke kommt, Schalke kommt!“. Die haben nach dem Krieg teilweise für ein paar Zentner Kartoffeln bei uns gespielt. Damals waren bestimmt achtzig Prozent der Leute im Sauerland für Schalke, ich auch. Heute steht es fünfzig-fünfzig. Borussia Dortmund hat ihnen allmählich den Rang abgelaufen.
Wie sind Sie dann beim BVB gelandet?
Paul: Das lag an Trainer Max Merkel, der mich aus Schwerte geholt hat. Und weil es der nächste Verein war. Es gab ja keine Fahrzeuge. Ich musste noch mit dem Zug fahren und jedes Mal mehrfach umsteigen.
Auch Sie, Herr Kremers, sind kein waschechter „Ruhri“, sondern stammen vom Niederrhein. Bevor Sie zu Schalke kamen, hatten Sie schon für Borussia Mönchengladbach und Kickers Offenbach gespielt.
Kremers: Mein Zwillingsbruder und ich waren uns damals schnell einig, dass es Schalke werden sollte. Weil wir die Spieler kannten, weil uns die Spielweise gefiel und es eine junge Mannschaft war. Ich hätte aber auch gerne in Dortmund gespielt, aber Schalke steht für mich über allem. Das war ein Erlebnis.
Woran denken Sie zuerst, wenn sie ans Derby denken?
Paul: An Schalkes Torwart Norbert Nigbur.
Kremers: (nickt grinsend)
Paul: Der hat 1969 mal einen Strafstoß von mir gehalten. Wir haben 0:1 verloren. Das war der einzige Elfmeter, den ich verschossen habe.
Kremers: Und da leidest du noch heute drunter, oder?
Paul: Ja, noch heute.
Kremers: Man muss auch vergessen können.
Sie, Herr Kremers, müssten doch aber gute Erinnerungen an Dortmund haben. Immerhin haben Sie das erste Bundesligator im neuerbauten Westfalenstadion geschossen – als Schalker. (Anm.: Am 2. April 1976 im Spiel gegen den VfL Bochum, der wegen des Umbaus des Ruhrstadions nach Dortmund ausweichen musste. Der BVB spielte zu der Zeit noch in der zweiten Liga.)
Kremers: Ja? Da kann ich mich jetzt gar nicht mehr daran erinnern. Ich weiß noch, als mein Zwillingsbruder Helmut 1994 Präsident von Schalke war, ist er mal so leichtsinnig gewesen und mit seinem Auto zum Auswärtsspiel nach Dortmund gefahren. Danach waren alle vier Reifen zerstochen. Die Reparatur war sehr teuer! Aber was früher war, interessiert keinen mehr. Was heute ist, das zählt.
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